Ich stecke mitten in den Vorbereitungen meines Kurses „Konflikte clever lösen“, als ich diese Zeilen schreibe.
Über die Frage „Sind denn Konflikte per se schlecht?“ stolpere ich schon am Anfang meiner Ausarbeitungen für den Kurs.
Mir fallen auf Anhieb viele Argumente ein, die Konflikte in ein gutes Licht rücken können, allerdings bin ich mir bewusst, dass viele Menschen Konflikte als etwas Negatives abgespeichert haben und betrachten.
Hier lasse ich dich an meinen positiven Blickwinkel teilhaben und hoffe, du kannst einiges für dich mitnehmen:
- Konflikte können Nähe schaffen, wenn wir lernen, auch schwierige oder unangenehme Themen anzusprechen.
Wir haben zwar meistens keine besondere Lust auf solche Gespräche.
Wenn wir sie dann aber geführt haben, hat die Beziehung zu unserem Gegenüber die Chance zu wachsen und an Vertrauen zu gewinnen. Das führt wiederum dazu, dass es uns in der Zukunft leichter fallen wird, wichtige Punkte anzusprechen, weil wir die Erfahrung mit dem Umgang des Konflikts eher positiv als negativ abgespeichert haben.
- Wenn wir Probleme oder Herausforderungen offen und wertschätzend ansprechen, kann dies sehr gesund und befreiend sein.
Wir können damit unser eigenes „System“ entlasten und es fällt in der Regel eine große Last von uns ab. Diese freigewordene Energie können wir dann für viele andere Dinge verwenden, die uns wichtig sind.
- Konflikte, die auf Grund einer gemeinsamen Zukunft bestehen, sind notwendiger, als wir manchmal denken. Es macht keinen Sinn, Konflikte auszutragen oder Konfliktgespräche zu führen, wenn die gemeinsame Basis fehlt. Durch einen guten Umgang mit Konflikten steigern wir unsere Konfliktfähigkeit, was in langfristigen Beziehungen immer von Vorteil ist und uns den Umgang miteinander leichter fallen lässt.
- Durch Konflikte werden wir regelmäßig dazu angeregt, die eigene Meinung zu hinterfragen und die des anderen zu verstehen.
Wir dürfen genau hinschauen, ob der eigene Standpunkt noch aktuell ist oder ob wir eine neue Perspektive zulassen wollen und können. Gleichzeitig sollten wir offen sein und uns fragen, ob es neue Erkenntnisse gibt, die uns in Richtung Veränderung „schubsen“ können, damit Konfliktgespräche eine gute Basis bekommen.
- Konflikte können dazu beitragen, den Umstand als solches klarer zu betrachten.
Sie entstehen leider häufig durch Missverständnisse oder Unwissenheit. Daher sollten wir uns trauen nachzufragen, wenn wir uns nicht sicher sind, ob wir eine Aussage richtig verstanden haben.
Oft kreieren wir in Konflikten unsere ganz eigene Wahrheit, reimen uns etwas zusammen oder schätzen die Situation in diesem Moment „falsch“ ein. Das macht es uns besonders schwer, den Inhalt des Konflikts objektiv zu betrachten.
- In Konflikten mit unseren Mitmenschen lernen wir die eigene Meinung zu äußern und für uns einzustehen. Sie zeigen uns, wie wertvoll es sein kann, Grenzen zu setzen und dass wir uns immer wieder mit uns selbst und den eigenen Wünschen und Bedürfnissen beschäftigen sollten.
Wichtig ist an dieser Stelle, dass es keine falschen Entscheidungen gibt, wenn es um das Thema „Grenzen setzen“ geht und dass keine andere Person unsere Grenzen respektieren und kennen muss, wenn wir sie nicht setzen.
Was ist denn überhaupt ein Konflikt?
Grundsätzlich handelt es sich bei einem Konflikt um eine Meinungsverschiedenheit.
Diese können aus ganz unterschiedlichen Gründen entstehen, auf die ich im Laufe des Artikels noch weiter eingehen möchte.
Wir können auch Konflikte mit uns selbst haben und sprechen dann von einem „inneren Konflikt“. Oder ein Konflikt umfasst mehrere Menschen oder Parteien – dann können wir von einem „sozialen Konflikt“ sprechen.
So können wir Konflikte von einem Streit abgrenzen:
Ein Konflikt besteht, wenn Handlungen, Bedürfnisse, Interessen, Wünsche, Erwartungen oder Gefühle von zwei Menschen oder Gruppen im Widerspruch zueinanderstehen und aufeinanderprallen.
Er ist also einfach da und existiert – ob wir wollen oder nicht!
Wir dürfen uns bewusst machen, dass Konflikte automatisch vorhanden sind, wenn Menschen in Beziehung miteinander treten und dies erst einmal ganz normal ist.
Wenn zwei Menschen oder Gruppen einen Konflikt austragen, dann sprechen wir von einem Streit.
Streiten ist sozusagen eine Tätigkeit und entsteht meistens dann, wenn jemand versucht, dem anderen seine Meinung oder Überzeugung aufzuzwingen.
Da ein Konflikt nicht zwangsläufig zum Streit werden muss, ist es spannend, dort anzusetzen.
Wir denken manchmal, wenn der oder die sich ändert oder sich anders verhält, dann hätten wir ein bestimmtes Problem nicht.
Oft suchen wir die Lösung bei unserem Gegenüber, als bei uns selbst anzufangen. Dies ist natürlich bequemer und leichter für uns, aber nicht unbedingt zielführend.
Besser ist es, bei uns selbst anzufangen zu forschen und herauszufinden, warum der Konflikt besteht. In einem zweiten Schritt können wir dann versuchen, unsere eigenen Verhaltensweisen zu verstehen und eventuell zu verändern.
In Folge dessen, senden wir andere Signale, haben eine andere Ausstrahlung und fühlen uns besser und gestärkter im Umgang mit unseren Gesprächspartnern.
Obwohl dies nichts Offensichtliches sein muss, werden unsere Mitmenschen es trotzdem merken und sich selbst anders verhalten.
Wie entstehen Konflikte?
Es gibt sehr, sehr viele Gründe, warum Konflikte entstehen können.
So können z. B. begrenzte Ressourcen, unterschiedliche Sichtweisen, eine unfaire Behandlung, verschiedene Vorstellungen über Ziele, eine ungleiche Informationsbasis, unterschiedliche Bedürfnisse, fehlende Mittel, individuelle Wahrnehmungen, aber auch ein unterschiedliches Werteverständnis zu Konflikten führen.
Auf zwei Punkte möchte ich hier genauer eingehen:
Unterschiedliche Bedürfnisse
Der Begriff „Bedürfnis“ umschreibt die Wünsche von uns Menschen und sie entstehen aus einem Mangelgefühl heraus, welches wir gerne ausgleichen möchten.
Dabei gibt es verschiedene Bedürfnisgruppen wie Luxusbedürfnisse, Kulturbedürfnisse oder Existenzbedürfnisse.
Ein Bedürfnis nach etwas zu haben, ist ein Verlangen nach einem bestimmten Gefühl, einem Zustand oder einer physischen Sache.
Natürlich hat jeder Mensch ganz unterschiedliche Bedürfnisse, welche wiederum tagesformabhängig oder situationsabhängig sind.
Grundsätzlich können wir sagen: Wenn Bedürfnisse befriedigt sind, dann bietet uns dieser Zustand eine Qualität in unserem Leben, die uns zufrieden und glücklicher machen kann.
Das Problem hierbei:
Oft haben wir unseren Fokus auf andere Menschen oder Dinge gerichtet und denken, wir würden uns besser fühlen, wenn wir XY hätten….
Hier dürfen wir aber gerade in Konfliktsituationen immer wieder überlegen:
- Um was geht es mir eigentlich?
- Was ist mein Bedürfnis in dieser Situation?
- Welches Bedürfnis hat mein Gegenüber?
- Was brauche ich, um glücklich und zufrieden zu sein?
- Was kann ich tun, damit mein Bedürfnis erfüllt ist?
Mein persönlicher Ansatz, den ich dir gerne mitgeben möchte, ist folgender:
Wir sind alleine dafür verantwortlich, unsere Bedürfnisse zu kennen, für sie einzustehen und im Anschluss Entscheidungen zu treffen.
Damit es uns nicht nur dann gut geht, wenn andere unsere Bedürfnisse erfüllen, sondern wir selbst in die Umsetzung kommen, ist es wichtig, sich bewusst aus der „Abhängigkeitsspirale“ zu bewegen.
Für mich bedeutet das eine Art von „Empowerment“:
Ich habe die Macht darüber, wie ich mit meinen Bedürfnissen umgehen möchte, wie ich sie mir erfüllen kann und welchen „Deal“ ich mit mir selbst schließe, um Veränderungen willkommen zu heißen.
Zusätzlich geht um unsere innere Haltung und darum, aus dem „Richtig und Falsch-Denken“ auszusteigen.
Gerade in Bezug auf das Thema Bedürfnisse gibt es kein richtig und falsch, da jeder Mensch ganz individuelle Wünsche, Vorstellungen und Intentionen hat.
Wenn wir einen Perspektivwechsel zulassen und uns in die Lage und in die Gefühlswelt unseres Gegenübers hineinversetzen können, wird uns das bei Konflikten immer helfen.
Unterschiedliche Werte
Ein weiterer Grund für einen Konflikt können unterschiedliche Wertvorstellungen sein.
Werte sind bedeutsame und tiefe Überzeugungen, Haltungen (Einstellungen), Ideale und auch sehr grundlegende Bedürfnisse.
Sie tragen im Wesentlichen zur Persönlichkeit, der Identität und Kultur des Menschen bei und entstehen unter anderem durch Denkmuster, Glaubenssätze, die Erziehung und den eigenen Charakter.
Es gibt sehr ausführliche Tabellen mit den unterschiedlichsten Werten – eine kleine Auswahl von Werten habe ich hier zusammengetragen, um den Begriff etwas greifbarer zu machen:
Respekt, Liebe, Optimismus, Vertrauen, Sicherheit, Macht, Ordnung, Toleranz, Disziplin, Ehrlichkeit, Erfolg, Nächstenliebe, Freiheit, Gesundheit, Zuverlässigkeit, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, Freundschaft, Weiterentwicklung, Treue, innerer Frieden und Harmonie…
Unterschiedliche Wertvorstellungen
Ein Wertekonflikt entsteht, wenn zwei oder mehrere Personen oder Gruppen deutlich unterschiedliche Werte haben und diese im Widerspruch zueinanderstehen.
Wenn beide Parteien ihre Werte durchsetzen möchten, dann sind Schwierigkeiten innerhalb eines Konflikts vorprogrammiert.
Wertekonflikte können aber auch mit uns selbst stattfinden, also nur uns als Person betreffen. Sie können schwierig zu lösen sein, da oft tiefgreifende Überzeugungen dahinterstecken und es dann darum geht, einen Kompromiss zu finden, der die unterschiedlichen Werte berücksichtigt.
Ein persönlicher Wertekonflikt in Beziehungen kann zum Beispiel entstehen, wenn sich eine Person mehr Individualität und die andere sich mehr Gemeinschaft wünscht.
Als Wertekonflikt im beruflichen Umfeld können wir uns vorstellen, dass dieser entstehen kann, wenn sich die Werte Loyalität und Ehrlichkeit in einem bestimmten Kontext gegensätzlich auswirken.
Wir können zum Beispiel das Verlangen danach haben, sehr ehrlich zu kommunizieren (da dies für uns einen hohen Stellenwert hat) und das Unternehmen damit möglicherweise in ein schlechtes Licht rücken. Eine Kollegin, die dasselbe Projekt betreut, aber den starken Wert „Loyalität“ hat und möchte vielleicht daher auf keinen Fall auf eventuelle Missstände des Projekts hinweisen.
Ein Wertekonflikt kann auch entstehen, wenn für den einen Pünktlichkeit ein sehr wichtiger Wert ist, und dem anderen eine „freie, ganz eigene Zeiteinteilung“.
Hier gibt es in Alltagssituationen ebenfalls ein großes Konfliktpotenzial.
Um uns selbst besser kennenzulernen, ist es sinnvoll, wenn wir uns mit unseren Werten auseinandersetzen, sie kennen und uns in Konfliktsituation fragen können:
Welche wichtigsten Werte sind in diesem Konflikt involviert?
Welcher Wert von mir ist gerade verletzt worden oder steht im Widerspruch mit dem meines Gegenübers?
Wenn wir langfristige Beziehungen im privaten und/oder beruflichen Umfeld haben, ist es wichtig, auch die wichtigsten Werte meines Gegenübers zu kennen.
Kleines Fazit
Konflikte können viele positive Aspekte haben, wenn wir sie nicht grundsätzlich vermeiden möchten und ablehnen.
Um besser zu verstehen, warum ein bestimmter Konflikt besteht oder entstanden ist, hilft es uns, wenn wir uns unserer Bedürfnisse bewusst sind und unsere wichtigsten Werte kennen.
Wenn du dich noch nie mit diesem Thema beschäftigt hast, dann begebe dich am besten einmal auf Spurensuche.
Ich wünsche dir viele neue Erkenntnisse und Freude dabei!
Alles Liebe
PS:
In herausfordernden Lebensphasen spielt die Kommunikation immer eine große Rolle – auch wenn wir das auf den ersten Blick vielleicht nicht erkennen können.
Ich sehe mich selbst als Wegbegleiterin und Mutmacherin in stürmischen Zeiten, denn gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, für sich und die eigenen Bedürfnisse einzustehen und sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren.
Mein 1:1 Coaching-Programm „Konflikte clever lösen“ kannst du dir hier genauer ansehen:
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Lerne, wie du …
– in Konflikten souveräner auftreten und selbstsicher reagieren kannst.
– deutliche Grenzen setzen kannst und ohne schlechtes Gewissen auch mal Nein sagen kannst.
– Missverständnisse reduzieren kannst und Konflikte mit gutem Gefühl auflösen kannst.
– die Beziehungen zu deinen Mitmenschen verbessern kannst.